Mittwoch, 23. Juli 2014

Wittenberg

13. Juli 2014

Von Halle bis Wittenberg sind es gut 80 Kilometer, also zügig zu schaffen. Es war gar nicht so leicht, wenigstens ein paar interessante Streckenabschnitte zu finden. Nichtsdestotrotz hatten wir eine nette Route erwischt, die uns teilweise an Ostfriesland erinnerte: flach und viele Windkrafträder.

In Wittenberg war unser Ziel Luthers Haus. Doch bevor wir uns im hier eingerichteten Museum umsahen, stand zunächst der Gang zur Schlosskirche an.

Modell der mittelalterlichen Stadt ...
... ergänzt durch die Fotos
Das ehemalige Augustiner-Eremitenkloster, das die Stadt Wittenberg Luther als Wohnhaus gab.
Melanchthon-Haus
Cranach-Hof
Ins Melanchthon-Haus schauten wir nur kurz rein. Weil es zum Museum ausgebaut war und wir uns noch bei Luther umschauen wollten, verzichteten wir hier auf weitere Erkundungen. Dafür war der Hof der Familie Cranach sehenswert. Im Bild kann man rechts im Hintergrund vor dem roten Haus Lucas Cranach erahnen, wie er Luther malt.

Lucas Cranach 
Man entdeckt es erst auf den zweiten Blick, wie genial die Plastik gestaltet ist. Auf den beiden Seiten des Zeichenbretts in der Hand des Künstlers ist Martin Luther zu sehen, einmal als Junker Jörg und dann als Mönch. Ich habe versucht, diesen Effekt mit einer GIF-Animation im nächsten Bild nachzuempfinden. Das Bild wechselt alle 5 Sekunden. 


Weiter ging es in Richtung Schlosskirche vorbei am Rathaus und an den Standbildern von Luther und Melanchthon.




Bei der Schlosskirche angekommen mussten wir feststellen, dass Schloss und Kirche ebenfalls restauriert werden. Zum Lutherjubiläum im Jahr 2017 soll alles fertig sein.


Zurück ging es auf demselben Weg, vorbei am Haus der Geschichte, wobei bezeichnenderweise das Ost-Sandmännchen, das zu den wenigen positiven Symbolen aus der DDR-Vergangenheit gehört, die sich auch im wiedervereinigten Deutschland einen Platz sichern konnte, eine besondere Stellung einnimmt.




Erwähnenswert ist die sog. "Königliche Reichsbank", ein Wirtschaftsunternehmen, das sich fernab der gängigen Finanzplätze bewegt. Auf der Homepage kann man zur Frage "Was ist die "Königliche Reichsbank"?" nachlesen: "Die "Königliche Reichsbank" ist die Staatsbank des Königreiches Deutschland. Sie ist nicht Teil des internationalen Finanzkartells und steht auch dann nicht unter Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wenn Sie Zweigstellen in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet. Sie arbeitet ausschließlich für und mit Staatsangehörigen sowie Staatszugehörigen des Königreiches Deutschland. Die Erklärung der Staatszugehörigkeit ist obligatorisch." (Quelle: Website der Vereinigung - abgerufen am 23.07.2014) Wer sich weiter informieren will, gibt bei einer Suchmaschine ein "Königliche Reichsbank Wittenberg" und findet dann auch unabhängig Informationen.


Nach diesem Rundgang stand nun der Besuch im Lutherhaus an. Empfangen wird man mit kernigen Worten an den Balken über dem Hofeingang.


Dass Luther die Bannandrohungsbulle verbrannte und zu dieser Tat auch zeitlebens stand, kann man auf dem Balken im Vordergrund lesen. Doch sollte man den Hintergrund nicht übersehen. Dort steht über der Außentür: "Niemand lasse den Glauben daran fahren, dass Gott an ihm eine große Tat will." Wohl wahr! Ich würde mich freuen, wenn auf dem Weg zum Lutherjubiläum im Jahr 2017 dieser Zuspruch in unserer nicht gerade gläubigen Gegenwart wieder ernst genommen wird.



Im Vorhof ist Luthers energisch voranschreitende Ehefrau Katharina von Bora nicht zu übersehen. Sie schaffte es, die Wirtschaft zusammenzuhalten und der Familie ein Vermögen anzusparen.


Wenn mich nicht alles täuscht, war dies ein Ablassschreiben aus Rom, mit dem die Ablassprediger autorisiert waren, den Menschen gegen Bares ihre Sünden zu vergeben (wenn ich mich bei dem Dokument irren sollte und jemand den Irrtum benennen kann, bitte ich um eine kurze Rückmeldung). Mit diesem Unwesen der kirchlichen Bußpraxis fing dann die Reformation an. 1517, so wird erzählt, schlug Luther seine 95 Thesen gegen den Ablass an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg, 1521 musste er sich vor Kaiser Karl V. auf dem Reichstag in Worms verantworten. Am Ende stand der Mönch vor dem Kaiser und dem päpstlichen Nuntius und bekannte sich zu dem, was er bis dahin verfasst hatte: "Hier stehe ich! Ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen.", so erzählt es die evangelische Geschichte.

Luther vor dem Reichstag zu Worms
Gemälde von Hermann Freihold Plüddemann, 1864
An dieser Stelle verzichte ich darauf, die einzelnen Stationen im Luthermuseum zu schildern. Wenn irgend möglich, werde ich das zu einem späteren Zeitpunkt tun. Statt dessen folgen zwei Impressionen aus dem Leben des Reformators.

Das sog. Herrenzimmer, wo nach dem Essen die sog. Tischreden geführt und aufgezeichnet wurden.
Luther musiziert mit seinen Kindern.
Das nächste Bild zeigt Kaiser Karl V. am Grab Martin Luthers in der Wittenberger Schlosskirche. Nach seinem Sieg über die Protestanten im Schmalkadischen Krieg (1546/47) wurde dem Kaiser die Stadt Wittenberg kampflos übergeben. Er zog am 23. Mai 1547 als Sieger ein und soll auch in der Schlosskirche am Grab Luthers gewesen sein. Die antiprotestantischen Kräfte hätten, so wird berichtet, Karl aufgefordert, den Leichnam des "Ketzers" nachträglich auf dem Scheiterhaufen verbrennen zu lassen. (vgl. www.luther.de)

Karl V. vor Luthers Grab in der Wittenberger Schlosskirche
Gemälde von Alfred Friedrich Teichs, 1815
Warum der Kaiser auf dieses Ansinnen nicht einging, lässt sich nicht mehr klären. Dabei ist es unerheblich, ob das Bild ein historisches Ereignis spiegelt oder nicht; Fakt ist, dass Karl Herr über Wittenberg war und nach damaligem Recht und Verständnis eine Verbrennung hätte anordnen können. Nach der Legende erklärt der Kaiser: "Er hat seinen Richter gefunden. Ich führe Krieg mit den Lebenden und nicht mit den Toten." (ebd. luther.de) Genauso wenig wie in dieser Situation lässt sich erklären, warum der junge Kaiser 1521 zu seinem Geleitwort stand, dass er einem "Ketzer" nicht zwangsläufig hätte halten müssen.

Nach diesem beeindruckenden Besuch in der Lutherstadt ging es über die B 242 zurück nach Göttingen. Obwohl starker Regen angekündigt war und ich zur Vorsicht den Regenanzug angezogen hatte, begleitete mich das Glück fast die ganze Fahrt über. Erst als ich das Ortsschild von Göttingen passiert hatte, öffnete der Himmel seine Schleusen und ich fuhr die letzten 5 Kilometer im strömenden Regen.

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