Montag, 28. September 2020

Auf nach Ostfriesland ...

In der 2. Septemberhälte wurde das schöne Wetter noch mal ausgenutzt - über kleine Straßen immer Richtung Norden. Die erster Station war Papenburg. Die Navi-App hatte mich über die alte B 70 gelotst. Abgesehen von ein paar Macken eine nette Strecke. 

Von Papenburg ging es über die Fehnstraße Mitling-Mark - Dorenborg - Driever - Esklum am Emsdeich nach Leer. Da ich immer wieder davon gehört hatte, wollte ich jetzt das Kloster Ihlow auch mal besuchen. Der Besuch hat sich gelohnt!

Ihlow

Das Navi zeigt zwar an, dass man bis zum Kloster fahren könnte, dem setzt aber ein Schlagbaum ein P vor (Erklärung der Redensart hier: ein P vorsetzen). Also, erst einmal auf dem Parkplatz die mitgebrachten Brote verspeisen, und dann in voller Montur die 900 m zu Kloster laufen - aber kein Schritt war zu viel. 

Friesische Freiheit

Auf halber Strecke sieht man diese Installation von Monika Kühling (*1939 + 2020) - Friesische Freiheit. 

Friesische Freiheit - Monika Kühling

Schon von weitem kann man lesen: Der Stamm der Friesen ist nach außen frei ... Das ist natürlich mein Thema. Wenn man dann näher kommt, erkennt man, dass der Text auf den einzelnen Fahnen weitergeht. 

Der Stamm der Friesen ist nach außen frei,
keinem anderen Herren unterworfen. Für die Freiheit
gehen sie in den Tod. Sie wählen lieber  
den Tod, als dass sie sich mit dem Joch der
Knechtschaft belasten ließen.

Da es aber etwas mühsam ist, alle Fahnen nacheinander zu lesen. Gebe ich den Text in leicht lesbarer Form wieder. 

Sie unterstehen jedoch
Richtern, die sie jährlich aus ihrer Mitte wählen,
die das Staatswesen unter ihnen ordnen und regeln.
Die gesamtfriesische Landesversammlung soll man
mit sieben Vertretern des Volkes aus den
sieben Seelanden zu Upstalsboom am Dienstag in der
Pfingstwoche halten, nach dem Recht aller Friesen.

Nach den bunten Bändern der Installation liest man dann weiter: 

Dieses setzen sie da als Recht:
Wenn irgendeines der sieben Seelande von den
gerüsteten Rittern im Süden oder von den
heidnischen Wikingern im Norden verheert würde,
so sollten die sechs dem siebten helfen,
damit es ebenso stark bliebe wie die anderen.
Auch beschlossen sie dieses:
Wenn irgendeines der sieben Seelande
Ungerecht verfahre, Leute berauben oder umbringen
wollte, so sollten die sechs das siebente zwingen
völlig gerecht zu verfahren.

Nachdem ich so unter der Installation hindurch war und mich umblickte, wurde ich gewahr, dass der Text noch nicht zu Ende war. 

Das ist die erste Küre und Privileg König Karls für alle
Friesen, dass ein jeder im Genuss und Besitz seines
Eigentums sei, solange er es nicht verwirkt habe.
Das ist die zehnte Küre, dass die Friesen auf keiner
Heerfahrt weiter zu ziehen brauchen als
ostwärts bis zur Weser und westwärts bis zum Fli,
damit sie ihr Land vor dem wilden Meere
und dem heidnischen Heere schützen möchte.
Das ist die sechzehnte Küre, dass alle Friesen ihre
Verbrechen mit ihrem Geld und Gut sühnen können
und befreit sein sollen von allen Leibstrafen.

Das ist auch Landrecht,
dass wir Friesen eine Seeburg stiften
und stärken müssen, einen goldenen Reif,
der um ganz Friesland liegt.
Ferner befehlen wir all denen,
die Siele und Sielgräber, Deiche, Wege oder
Dämme instandzuhalten haben,
Kraft des höchsten Gebots, das wir erlassen können,
dass sie dieses so erhalten,
dass sie das Wasser ein- und auslassen
bzw. sich in vorschriftsmäßigem Zustand befinden.

Wenn man sich etwas intensiver mit der Geschichte der Friesen beschäftigt, war zwar nicht alles Gold was glänzte - und auch die Friesische Freiheit galt wohl eher für die Wohlhabenden als für die Armen - aber insgesamt spiegeln diese Zeilen Gedanken, die auch heute wieder aufgegriffen werden könnten. Soweit erst einmal die Installation von Monika Kühling. 

Das Kloster

Einige hundert Meter weiter taucht das ehemalige Kloster auf. 

Auf den ersten Blick ist die Form eines Zisterzienserklosters zu erkennen. Ich hatte sofort das Kloster in Loccum vor Augen, wo ich nach dem Theologiestudium mein Vikariat absolviert hatte. Im Gegensatz zu Loccum war Ihlow aber im Zuge der Reformation zerstört worden; kein gutes Bild für uns Evangelische. 

Wenn man näher kommt, sieht man die Einzelheiten der phantastischen Rekonstruktion. 



Der Altarraum wurde mit einer aufwendigen Stahl-/Holz-Konstruktion nachempfunden. Wo im Kirchenschiff die mächtigen Pfeiler standen, sind die Füße mit alten Steinen wieder aufgebaut worden. Die Geschichte des Klosters lässt sich im Internet auf den verschiedensten Seiten nachlesen - einfach einmal googeln. 

Auf den nächsten Fotos kann man die beeindruckende Konstruktion des Bauwerkes erkennen. Leider war die Aussichtsplattform jetzt in Corona-Zeiten nicht zugänglich. Von dort hätte man ganz bestimmt einen phantastischen Blick über das ganze Land. Durch die Glasscheibe auf dem Rund im ehemaligen Altarraum kann man von oben in den Raum der Spurensuche schauen, der ebenfalls geschlossen war. 

Bensersiel

Nachdem alles mit Ruhe betrachtet war, ging es weiter Richtung Nordsee. Bensersiel war im Navi als Zeil eingegeben. Vor dort hatte uns früher oft die Fähre nach Langeoog gebracht. Da die Zeit schon etwas fortgeschritten war, ging es ohne große Umwege zum angepeilten Ziel. 

Zu den Fotos, die dann nicht näher erklärt werden müssen: Fähranleger für die Langeoogflotte, Parkplätze für die Urlauber, da Langeoog autofrei ist, Langeoog IV, Entladung eines Muschelkutters, Hafenansichten. 






Am Horizont liegt Langeoog :-)

Fähre bei Amdorf

Die Rückfahrt stand an. Einen Zwischenstopp legte ich in Augustfehn ein, wo es bei Börjes Bikers Outfit ein neues Visier für den Helm gab. Wer will, kann sich nebenan die großen Harleys anschauen. 

Von hier aus ging es über Detern und Neuburg (schiefer Kirchturm; s. Fehnroute und andere nette kleine Straßen - Oktober 2016) durch die Kurven am Deich der Jümme nach Amdorf, wo ich bei der Fähre vorbeischauen wollte. Was war ich überrascht, als ich dort sah, dass Jümme und Leda Hochwasser führten und die Fähre deshalb nicht in Betrieb war. 

Zwei freundliche Ostfriesen aus Esens :-) erklärten mir, dass dies durch den Tidenhub der Nordsee verursacht sei. Das Wasser reichte bis fast ans Wohnmobil ran. Man lernt doch immer wieder was Neues.

Über die Brücke bei Amdorf ging es dann am Deich der Leda bis zur B 70 südlich von Leer und von da den Weg über die Fehnroute und die alte B 70 zurück nach Meppen. Der Tag war gelungen!



Google hat ein kleines Filmchen aus den Fotos erstellt :-) 

Kann man mit diesem Link aufrufen: 

https://photos.app.goo.gl/kFN1CTtC9fhjBmWU9